Wirken in Berlin 1934-1943

Schutzpatronin Verfemter

Das Interesse für meine Sache steigert sich stets und gerade jetzt ist auch bei den jungen Menschen ein solches Bedürfnis, wahre Kunst zu sehen. … Weißt Du, man muß sich heute, wo so viel Schweres und Trauriges neben dem schrecklichen Kampf zu erleiden ist, in Gebiete flüchten, die einen über das Heute erheben, sei es nun mit Musik, Literatur oder Malerei. … Ich habe meinen Schutzbefohlenen schon manchen Verkauf vermitteln können! Das fördert sie wieder in ihrer eigenen Arbeit und macht ihnen Mut.

Hanna Bekker vom Rath, Brief an ihre Mutter Maximiliane vom Rath, März 1941 (Auszug)

Seit ihrer Trennung von Paul Bekker verbrachte Hanna Bekker vom Rath die Wintermonate in Berlin. Nach ihrer Rückkehr aus Griechenland 1934 widmete sie sich zusätzlich der Förderung von Karl Schmidt-Rottluff. In diesem Jahr seines 50. Geburtstags gelang es ihr, an zwei Verkäufen mitzuwirken, wie ein Brief von Emy Schmidt-Rottluff im Dezember 1934 bestätigt: Geheimrat Budczies kaufte das Bild vom Lebasee mit der Mondspiegelung … Ich möchte Ihnen auch noch herzlich danken für all Ihre Mühe um den Ankauf des Bildes fürs Kronprinzenpalais – liebe Hanna. Hoffentlich können Sie sich bald einmal die S-R-Wand dort anschauen!

Nachdem sich die Lage der durch Mal- und Ausstellungsverbote betroffenen Maler seit Kriegsbeginn zusätzlich verschärft hatte, beschloss Hanna Bekker vom Rath in ihrer Berliner Atelierwohnung in der Regensburger Straße heimliche Ausstellungen durchzuführen.

Hauseingang Regensburger Straße 34
Gästebuch Regensburger Straße, S. 16-17

Ich verbrachte die Kriegswinter 1939 bis Ende 1943 in Berlin … In dem großen Atelierraum in der Regensburger Straße begann ich zaghaft und heimlich Ausstellungen aus dem Kreis der Expressionisten zu veranstalten, um den Kontakt der Künstler mit ihren Sammlern und der jüngeren Generation zu fördern …, schrieb Hanna Bekker vom Rath 1973 in einem autobiografischen Rückblick.

Zu den Künstlern, deren Bilder nachweislich ausgestellt wurden, gehören Willi Baumeister, Erich Heckel, Alexej Jawlensky, Ida Kerkovius, August Macke, Ernst Wilhelm Nay, Karl Schmidt-Rottluff und Heinrich Wildemann. Nur in einigen Fällen können Verkäufe noch belegt werden.

Zu den wenigen schriftlichen Zeugnissen, die sich erhalten haben, zählen das Gästebuch Regensburger Straße, vereinzelte Korrespondenzen und Erinnerungsberichte einiger Zeitzeugen im Archiv Hanna Bekker vom Rath. Sie wurden in der Biografie Hanna Bekker vom Rath – Handelnde für Kunst und Künstler erstmals veröffentlicht, alle 24 Seiten des Gästebuchs reproduziert sowie im Anhang eine Liste der 210 identifizieren Namen angefügt.

1967 schenkte Hanna Bekker vom Rath zur Eröffnung des von Karl Schmidt-Rottluff initiierten Brücke Museums Berlin den Arbeiter mit Ballonmütze, eine Skulptur des Künstlers. Sein Nachlass ging in die Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung über.

Testamentarisch vermachte sie die chinesische Eisenskulptur Wuzhiqi dem Museum für Asiatische Kunst in Berlin Dahlem.